Die unbestätigte Ausbildungsrichtlinie zum Autoschlepp
ist als Erweiterung der DAeC-Richtlinie "Die Segelflugausbildung - Methodik, Richtlinien und
Bestimmungen" von mir 2008 erstellt wurden. Sie erweitert das Handbuch um die Anlage E Autoschlepp.
Weitere Hinweise vom DAeC zu dieser Schleppart sind in der SBO und den Startwindenfahrerbestimmungen
zu finden.
Der Autoschlepp mit dem Schulgleiter SG 38 und anderen ähnlichen Flugzeugtypen ist dadurch gekennzeichnet, daß aufgrund
der einzig möglichen Verwendung der Bugkupplung der effektive Seilwinkel (erreichbare Winkel zwischen Flugzeug-Längsachse und Schleppseil,
nach meiner Erfahrung maximal 50°) einen sehr begrenzenden Einfluß auf den Anstellwinkel (Winkel zwischen Flugzeug-Längsachse und
Anströmung) hat. Dieser Anstellwinkel bleibt üblicherweise relativ gering und damit auch die erreichbare Ausklinkhöhe.
An Einfachheit
ist der Autoschlepp jedoch unübertroffen, weshalb dieser in Verbindung mit den Schulgleitern trotzdem eine große Bedeutung besitzt.
Zum Autoschlepp können verschiedene Methoden angewendet werden:
Da ich nur die erste Methode ausführe, betrachte ich im folgenden deren Eigenschaften aus der erlebten Praxis:
Ist die Seillänge vorgegeben (in meinem Fall 370m), bleiben die maximal erreichbaren Ausklinkhöhen konstant. Die folgende Tabelle erfüllt den Fall,
daß die notwendige Fahrstrecke und die maximale Ausklinkhöhe erreicht werden sowie daß der Schlepp ohne Anhalten wie unten beschrieben durchgeführt
wird. Fährt das Schleppfahrzeug weiter, vergrößert sich die Ausklinkhöhe nur unwesentlich.
Als Faustformel sollte die Summe aus Windgeschwindigkeit und Fahrgeschwindigkeit (nach dem Anschleppen) nach meiner Erfahrung ungefähr 70km/h betragen.
Das Schlepp/Seilverhältnis definiere ich als Verhältnis von Schleppstrecke (Strecke zwischen Anschleppen und dem Erreichen der Ausklinkhöhe) zu Seillänge.
Dieses ist nur windabhängig.
Windgeschwindigkeit | Fahrgeschwindigkeit | Seillänge | Schleppstrecke | Schlepp/Seilverhältnis | Gesamtstrecke | Ausklinkhöhe |
0km/h | 70km/h | 230m | 370m | 160% | 600m | 130m |
0km/h | 70km/h | 300m | 500m | 160% | 800m | 170m |
0km/h | 70km/h | 370m | 600m | 160% | 1000m | 220m |
10km/h | 60km/h | 250m | 350m | 140% | 600m | 150m |
10km/h | 60km/h | 330m | 460m | 140% | 800m | 190m |
10km/h | 60km/h | 370m | 520m | 140% | 900m | 220m |
20km/h | 50km/h | 270m | 330m | 120% | 600m | 160m |
20km/h | 50km/h | 370m | 430m | 120% | 800m | 220m |
Für größere Ausklinkhöhen kann die Schleppstrecke und ausgelegte Seillänge davon ausgehend proportional im Verhältnis 1:1 verlängert werden. Umgekehrt kann auch mit kleineren Seillängen gearbeitet werden, wenn die Platzverhältnisse nicht mehr hergeben, was aber die Ausklinkhöhen proportional verringert. Hilfreich sollte bei der Abschätzung das angegebene Schlepp/Seilverhältnis benutzt werden.
Ich persönlich bevorzuge die in Tschechien übliche Methode des Autoschlepps mit einem dehnbaren Schleppseil
(15% Dehnung), bei dem das Straffen des Schleppseils dynamisch erfolgt. Die Leistungsdaten des Schleppfahrzeuges
spielen fast keine Rolle mehr, allein Bodenbeschaffenheit und Windkomponente sind zu beachten und in die Schlepptechnik
zu integrieren.
Die ausgelegte freie Seillänge des Schleppseils ist von der verügbaren Bahnlänge abhängig. Die obige Tabelle mit dem Schlepp/Seilverhältnis
gibt dazu weitere Hinweise.
Nach Startfreigabe beobachtet der Pilot das korrekte Ablaufen des Schleppseiles und kuppelt bei Unregelmäßigkeiten aus.
Beim Seilstraffen durch das Schleppfahrzeug ist zu beachten, daß dies nicht schneller als mit ca. 45km/h erfolgen darf.
Hat sich das Seil gestrafft, muß in diesem Moment das Schleppfahrzeug zum Anschleppen weiter beschleunigt werden. Damit wird der Tendenz
entgegen gewirkt, daß die beim Straffen aufgebaute Seilspannung zuerst den Schulgleiter stark beschleunigt und in die Luft bringt, dann
jedoch schnell nachläßt und ein unangenehmes "Loch" im Seilzug in ca. 30m Höhe entstehen lässt.
Die Fahrgeschwindigkeit des Schleppfahrzeuges richtet sich allein nach der Windgeschwindigkeit. Bei viel Wind braucht die
Schleppgeschwindigkeit nur wenig bis auf ca. 50km/h erhöht werden, bei wenig Wind sollten dann schon ca. 60km/h gefahren werden.
Zur Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit wird die obige Faustformel angewendet.
Ab diesem Zeitpunkt ist der Schlepp wie ein Windenstart fortzuführen. Es darf durch den Piloten nicht vergessen werden, nach Erfordernis
selbst auszukuppeln.
Die Kontrolle des Starts durch den erfolgt durch Schleppfahrzeugführers durch Rückblick bzw. mitfahrenden Beobachters. Steigt der
Schulgleiter nur schlecht, ist möglicherweise die Fahrgeschwindigkeit zu gering und ist entsprechend in den obigen Grenzen zu erhöhen.
Für die Bedienung des Schleppfahrzeuges ist laut SBO ein Windenfahrerschein nebst Einweisung notwendig.
Mit der Zulassung der D-NNSG wurde auch eine Autoschleppvorrichtung in Betrieb genommen. Diese ermöglicht
das schnelle Trennen des Schleppseil vom Schleppfahrzeug. Folgende Bilder veranschaulichen das Prinzip der Autoschleppvorrichtung.
Foto: © Annett Auerswald
Foto: © Annett Auerswald
Im Zusammenhang mit dem Gummiseilstart und dem Autoschlepp ist es hilfreich, einige Knoten legen zu können. Dabei haben sich zwei Knoten als besonders hilfreich herausgestellt, der Palstek und der Webleinstek.
Der Palstek ist ein Knoten, der für das Legen von Schlaufen und Einbinden von Ringen geeignet ist. Notfalls lassen sich auch Seilenden miteinander verbinden. Die Besonderheit liegt aber vor allem darin, daß der Knoten nach Gebrauch problemlos wieder zu öffnen ist. Ich verwende den Knoten beispielweise dafür, das Halteseil zwischen Flugzeug und Falle beim Gummiseilstart zu binden. Eine Schlaufe wird durch die vorgesehene Rumpföffnung geführt, das andere liegt direkt in der Falle. Die andere Anwendung ist die Verwendung als Vorseil des Gummiseils (Ausführung als Y-Seil anstelle des einfachen V-Seils).
Den Webleinstek wende ich beim Autoschlepp an. Wird das Schleppseil nicht vollständig ausgezogen, muß das Seil "ohne loses Ende" an der Kupplung angebracht werden. Dazu kann der Webleinstek über die Kupplung geworfen werden (Mastwurf) und der Seilrest im Kofferraum verbleiben.
Am 6.07.2008 wurde unter Anleitung von Harald Meier aus Schönhagen, mit freundlicher Unterstützung
des ansässigem Aero Clubs Berlin e.V. sowie Mitgliedern des Fliegerclubs Schönhagen e.V. eine
Ausbildung zum Autoschlepp mit dem Schulgleiter SG 38 D-1511 erfolgreich durchgeführt.
Der Autoschlepp selbst ist relativ unspektakulär. Das Anschleppen und Abheben wird wie beim F-Schlepp gesteuert,
nur mit dem Unterschied, daß die Beschleunigung abhängig vom Wind geringer sein kann. Nach dem Abheben erreicht
das Flugzeug schnell die notwendige Geschwindigkeit für den Steigflug mit hohem Anstellwinkel, dann fühlt
es sich wie ein Windenstart an und wird genauso ausgesteuert. Entsprechende Vorschriften des Windenstarts
gelten hier sinngemäß.
Geschleppt wurde mit einem Seil von 400m Länge, ausgestattet mit Sollbruchstelle und Fallschirm. Nach ca.
600m Schleppstrecke wurden ungefähr 100 Höhenmeter erreicht, die maximalen Auskuppelhöhen von bis zu
250m bei relativ starkem Seitenwind wurde nach ca. 1000m Schleppstrecke erreicht.
Eine notwendige Voraussetzung für die Ausführung von Autoschlepps ist eine sichere Sprechverbindung
zwischen Schleppfahrzeug und Startleiter. Diese ist entsprechend zu testen, da unter anderem standortabhängige
Phänomene wie die Abschirmung der Funksignale innerhalb des Schleppfahrzeugs auftreten können.
In Tschechien wird der Autoschlepp unter Anleitung von Jiri Lenik etwas anders ausgeführt.
Das Schleppfahrzeug beschleunigt bereits im ungestrafften Seilzustand auf seine anfängliche Schleppgeschwindigkeit
von ca. 45km/h. Das ausgelegte Seil strafft sich durch seine Elastizität zügig, aber nicht abrupt.
Der Schulgleiter beschleunigt schnell und hebt ebenfalls zügig ab. Für den Schleppfahrzeugführer ist nach dem
Abheben des Schulgleiters zu beachten, die Schleppgeschwindigkeit nun auf ca. 60km/h zu erhöhen, um das sich
entspannende Seil straff zu halten. Ansonsten kann es vorkommen, daß der Seilzug am Schulgleiter in
30m Höhe recht unangenehm nachlässt.
Der Vorteil dieser Schleppmethode liegt auf der Hand: Die Beschleunigungswerte des Schleppfahrzeugs
sind für den Schleppvorgang nicht relevant. Auch relativ schwach motorisierte Fahrzeuge können problemlos
verwendet werden. Damit entspricht diese Art der Ausführung eher vollständig dem Windenstart. Die angegebenen
Geschwindigkeiten sind natürlich stets windabhängig.