Obwohl Alexander Lippisch später als Konstrukteur und Theoretiker der Nurflügelflugzeuge wie der Me 163 Komet
bekannt wurde, begann er 1914 als "ungelernter" Aerodynamiker bei Dornier zu arbeiten. Dort eignete er
sich die zu jener Zeit bekannten theoretischen Grundlagen der Aerodynamik von Flugzeugen selbstständig an.
Durch die Folgen des Kriegsendes im Jahre 1918 musste er jedoch seine Studien abbrechen und war gezwungen, sich
anderen Themengebieten als dem Motorflug zu widmen.
Und so begann Lippisch ab 1921 auf der Wasserkuppe an einer Reihe von Gleit- und Segelflugzeugen mitzukonstruieren
und mitzuarbeiten. Hier lernte er Gottlob Espenlaub (1921) und später Fritz Stamer (1923) kennen, mit denen er
eine Reihe gemeinsamer Entwürfe baute. Auf Wirken von Oskar Ursinus wurde Lippisch 1925 Leiter der Technischen
Abteilung des Forschungsinstitutes der Röhn-Rossitten-Gesellschaft auf der Wasserkuppe und hatte so maßgeblichen
Anteil an der Konstruktion von Schulflugzeugen. Eine ganze Reihe von Schulgleiter-Konstruktionen aus den Jahren
1921-1935 werden ihm zugerechnet. Danach wandte er sich mehr den motorisierten Enten- und Deltaflugzeugen zu, mit
deren Konstruktion er weltweit bekannt wurde.
Hans Jacobs folgte 1927 einem Aufruf von Alexander Lippisch, dem damaligen Leiter der Flugtechnischen
Abteilung des Forschungsinstitutes der Rhön-Rossitten-Gesellschaft, ihm als Zeichner auf der Wasserkuppe
zu assestieren. 1928 baute er unter Alexander Schleicher an der doppelsitzigen "Luftkurort Poppenhausen"
mit und gewann weitere Erfahrung im Bau von Gleitflugzeugen. Von da ab setzte Jacobs zunächst die Entwürfe von
Lippisch zeichnerisch um. Parallel überarbeitete er den "Djävlar Anamma", der von nun
an "Hols der Teufel" hieß. Bei der DFS Darmstadt entwickelte er am "Zögling 33" mit und hier
entstand auch der Nurflügler-Schulgleiter "Storch IX".
Nach 1929 trug er aufgrund eines eigenen Flugunfalls zur erhöhten Sicherheit der verwendeten Flugmaschinen bei, indem
er konstruktive Gegenmaßnahmen für vermeidbare Unfallfolgen erarbeitete, die noch heute Gültigkeit haben. So führte er eine
geschwungene Sitzverlängerung, breitere Bauchgurte und geführte Seitenruderpedalauflageflächen am R.R.G.
"Zögling 33" als 1. Änderungsmitteilung ein. Auch die Dehnungselemente in den Bauchgurten beim Schulgleiter
SG 38 gehen wohl initial auf diese Arbeiten zurück, die von der DVL fortgeführt wurden. Diese Dehnungselemente brechen
intern bei Überlastung von über 300kg auf und geben durch Verformung langsam die Bauchgurte nach. Ein erlebter Unfall mit dem
Schulgleiter in 2007 beweist die Funktionstüchtigkeit dieser Einrichtung.
Neben diesen Konstruktionen wurde Jacobs vor allem durch seine weiteren eigenen
Konstruktionen wie dem DFS "Habicht" bekannt. Im weiteren arbeitete er auch als Bauprüfer.
Edmund Schneider kam 1923 mit Gottlob Espenlaub nach Grunau/Hirschberg in Schlesien. Hier begann er für
die dortige Segelflugschule einfache Gleitflugzeuge zu bauen.
1928 gründete er die Firma Edmund Schneider Segelflugzeugbau in Grunau (dem heutigen in Jezów Sudecki/Polen) und war
dort als Flugzeugbauer und Konstrukteur vieler bekannter Typen erfolgreich. Nach einer Reihe von Schulgleitertypen
vervollkommnete er seine Entwürfe hin zur ESG 29 - Grunau 9 "Schädelspalter" und schlußendlich zum
Schulgleiter SG 38 von 1938. Insgesamt hat er ungefähr 28 Gleit- und Segelflugzeugtypen entwickelt und in
seinen Werkstätten fertigen lassen.
Das bekannteste Produkt neben dem Grunau-Baby, der Schulgleiter SG 38, wurde ab 1938 in der Schulung eingesetzt
und ist wohl eines der am weitesten verbreiteten Flugzeuge der Ära der Alleinflugausbildung in den vierziger Jahren.
Dieses Gleitflugzeug wurde in großer Stückzahl sowohl im Amateurbau als auch im Industriebau hergestellt und wurde
hauptsächlich zur Anfängerschulung eingesetzt. Und auch beim Neuanfang des Segelfluges in den fünfziger Jahren
begann man mit der Ausbildung auf diesem Schulgleiter.
Möglicherweise bezieht sich die Abkürzung SG ursprünglich nicht auf die Bezeichnung Schul-Gleiter, sondern auf
Schneider in Grunau. Die Werkstätten von Schneider blieben bis heute erhalten und dienen der polnischen
Luftfahrtindustrie nach wie vor als Produktions- und Reparaturstandort SZ Jezów (ehemals SZD Jezów).
Ab 1921 arbeitete Fritz Stamer bei der Firma Weltensegler GmbH auf der Wasserkuppe und begann mit den verfügbaren Flugzeugen die Ausbildung von Flugschülern auf Gleitflugzeugen. Später wurde er Leiter der Flugschule der R.R.G. (Röhn-Rosssitten-Gesellschaft). Stamer verfeinerte vor allem die Ausbildungsgrundlagen bei der Einsitzerschulung. Im Übrigen kreierte Stamer auch die Segelflugabzeichen mit den silbernen Möven auf blauem Grund.
Ferdinand Schulz gründete in den Dünen der Rossitten auf der Kurischen Mehrung eine Segelflugschule, die später in der R.R.G (Röhn-Rosssitten-Gesellschaft) aufging. Berühmt wurde er mit seinen Langzeitflügen auf einfachsten Gleitern, die als Weltbestleistung anerkannt wurden. Allerdings wurden eben jene Gleiter auch 1921 und 1923 von der Bauprüfung auf der Wasserkuppe beim Wettbewerb als nicht konform beurteilt, sodaß er bei den Wettbewerben auf der Wasserkuppe mit seinen Flugzeugen nicht zugelassen wurde.
Gottlob Espenlaub, der aus ärmlichen Verhältnissen stammte und als Schreiner in einem Dorf in Würtemberg
arbeitete, fiel ebenfalls der Aufruf von Oskar Ursinus zur Mitarbeit aller sportbegeisterten Jungen am Segelflug
in der Rhön in die Hände. Und so machte er sich 1920 mit dem Fahrrad auf in Richtung Wasserkuppe. Obwohl er
nicht willkommen war, begann er inoffiziell, abgeschriebene Brüche von Segelflugzeugen wieder aufzubauen. Dazu
benutzte er das, was wohl verfügbar war. Dazu schreibt Paul Karson in "Segler durch Wind und Wolken"
[3] folgendes:
Dann machte eines Tages Eugen von Lößl Bruch und die Reste, ehemals flugzeugähnlich, wurden in einen
Schuppen geschleift. Doch die Lößlchen Reste schmolzen zusammen. Ein Geist - der spätere Rhöngeist muß sie
geholt haben. Mancher Flieger glaubte ein Höhensteuer zu vermissen, und bei manchem Brüchen schienen die einzelnen
Bruchstücke in der Luft geblieben zu sein. Ja, die Sage geht, daß in dieser Zeit verschiedene Gasthäuser
in der näheren Umgebung ihre Räume mit der Inschrift OO kontrollierten und feststellen mußten, daß die wunderhübschen
Klappdeckel nun nicht mehr recht vorhanden waren. Stuhlsitze, Besenstiele waren stark gefragt in jener Zeit. Es war ein
wahrer Spuk. Bis eines Tages ein neuer Gleiter auf dem Hang erschien, ein Hängegleiter mit der stolzen Fabrikmarke
"Espe I", und mancher Flieger soll mit stiller Wehmut das Gestell betrachtet haben, und mancher Teil soll
manchem sehr bekannt vorgekommen zu sein. Wiederauferstehung! Aber das merkwürdige Tier flog - es flog ganz gut,
bis zum Bruch, und Gottlob Espenlaub hatte sein erstes Flugzeug gebaut.
Auf der Wasserkuppe lernte er 1921 Alexander Lippisch kennen und überwinterte mit ihm auf der Wasserkuppe. Die
Flugzeugtypen "Alexander" und "Weltensegler" wurden von Beiden gebaut. 1923 ging Gottlob Espenlaub
mit Edmund Scheider nach Grunau und wurde dort Ausbildungsleiter der Flugschule. Gleichzeitig entwickelten beide
weitere Schulflugzeuge für den Flugbetrieb in Grunau. 1926 wandte sich Espenlaub von Grunau ab und entwickelt
im weiteren Motor- und Raketenflugzeuge. Inzwischen leitete Espenlaub seine eigene Flugzeugreparaturfirma, die
bis zum Kriegsende große Bedeutung erlangte. 1927 wurden von ihm die ersten Flugzeug-Schlepps durchgeführt.
Nach dem Krieg entwickelte er das Baby IIb weiter, indem er es mit einem Stahlrohrrumpf und geschlossener Haube
austattete. Damit flog er noch vor dem Ende des Flugverbotes in Deutschland. Danach beschäftigte er sich weitgehend
mit Drachen und Automobilen.
[1] "Das Segelflugzeug" - Dr.Ing. W. v. Langsdorff - München 1923, 1931
[2] "12 Jahre Wasserkuppe" - Fritz Stamer - Berlin 1933
[3] "Segler durch Wind und Wolken" - Paul Karlson - Berlin 1933
[4] "Erinnerungen" - Prof Alexander M. Lippisch - München 1975
[5] "Schlesische Bergwacht" - SB2001 - Jahrgang 51
[6] Wikipedia.de
[7] "Hans Jacobs - Pionierleben im Flugzeugbau" - Peter Ocker - Heidenheim 2012 - ISBN 978-3-00-039539-0
[8]Höhen und Tiefen des Fritz Stamer - Klassiker der Luftfahrt 05/2014 - Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG 2014