Hol's der Teufel in Bielefeld

Hol's der Teufel in Bielefeld


Die Neue Westfälische schrieb am 14. April 2009 über die Veranstaltung anlässlich 80 Jahre Segelflugverein in Bielefeld:

"Mit dem Gummiseil in die Luft katapultiert" - 80 Jahre Segelflugverein Bielefeld: Zweitägige Austellung und Vorführung in Windelsbleiche

Senne. Da war selbst für die erfahrensten Segelflieger ein großer Spaß: Mit dem historischen Segelflugzeug "Hol's der Teufel" und per Gummiseilstrart ließen sie sich über das Gras des Flugplatzes Windelsbleiche katapultieren. Bei schönstem Flieger-Wetter feierte der Segelflugverein Bielefeld sein 80-jähriges Bestehen. Eine Ausstellung zeigte die spannende Geschichte der Ohne-Motor-Fliegerei, historische und moderne Fluggeräte waren zu bestaunen.

Wie die NW berichtete, hatte der Segelflugverein Bielefeld anlässlich seines 80-jährigen Geburtstages ein buntes Programm für das Osterwochenende vorbereitet [..] "Ich habe im Alter von 29 Jahren meinen Segelflugschein gemacht", verriet Vereins-Vorsitzender Hans Kohlmann (59). Und fügte schmunzelnd hinzu: "Leider viel zu spät." Mittlerweile hat Kohlmann viele Flugberechtigungen, auch für Motorflugzeuge. "Doch Segelfliegen ist und bleibt besonders, das ist noch richtiges Fliegen."

Ganz besonders war auch die Replika eines "Schleicher"-Gleitflugzeuges (damalige Bauzeit 1922 bis 1928), die befreundete Segelflieger aus dem tschechischen Raná mitbrachten - und die den vielsagenden Namen "Hol´s der Teufel" (Kennzeichen OK-A415) trägt. Mit solch einem Modell machten die Bielefelder auf der Schwedenschanze einst ihre ersten Flugversuche.
Und auf Schwedisch prangt "Hol's der Teufel" auch auf der Replika: Djävlar - Anamma. " Da hat der Tischler aus Schweden wohl geflucht, als er sich damals beim Hämmern auf den Finger gehauen hat", mutmaßte Gerhard Maleschka aus Freiberg/Sachsen über den Helfer des Konstrukteurs. Maleschka half dem Tschechen Jirí Leník beim Bau des 134 Kilogramm schweren Ultraleichtflugzeugs aus Kiefernholz.
Für echte Pionier-Flieger-Atmosphäre sorgte auch Alexander Görnitz vom Aeroklub Hoyerswerda. Mitgebracht hatte der erfahrene Flieger ein originales Gummiseil. Mit so etwas hatten sich auch die Bielefelder Flieger früher in der Stukenbrocker Heide von den Hängen katapultieren lassen. Seilwinden kamen erst später auf.
"Das Seil besteht aus 1.000 Einzelfäden und ist etwa 60 bis 70 Jahre alt", erklärte Görnitz. In Windelsbleiche beförderten damit je zweimal sechs Männer und Frauen die OK-A415 in die Lüfte (bei knapp mehr als 40 km/h) über die Graspiste - indem sie kraftig am Gummiseil zogen. Nur an wenigen Orten wie an der Wasserkuppe gibt es das heute noch.
Trotz des wenigen Sekunden andauernden Erlebnisses wollten sich das die erfahrenen Bielefelder Flieger von heute nicht entgehen lassen. Und auch der Nachwuchs staunte. "Die Steuerung geht anders, aber es ist absolut klasse", rief Henrik Bittner (20) vom Bielefelder Segelflugverein. Er sitzt seit sechs Jahren in der Kanzel und hatte mit 17 Jahren seinen Flugschein gemacht.

Einmal kräftig gezogen: Zusammen mit weiteren "Gummihunden" beförderten diese Helfer am Gummiseil den Gleitflieger "Hol's der Teufel" in die Lüfte über Windelsbleiche. Bei diesem Start genoss Vereinsvorsitzender Hans Kohlmann dieses seltene Erlebnis.

Ungewöhnlicher Name

Senne. Besitzer des "Hol's der Teufel" mit dem Kennzeichen OK-A415 sind der Tscheche Jirí Leník und Gerhard Maleschka aus Freiberg/Sachsen. Auf internationalen Oldtimer-Treffen für Segelflieger ist die Replika (Erstflug am 2. Mai 2004) ein gern gesehener Flieger. Für den ungewöhnlichen Namen ist der Legende nach der Schwede Rolf Bergvik verantwortlich. Im Winter 1922/23 arbeitete er in einer Werkstatt auf der Wasserkuppe für den berühmten Konstrukteur Alexander Lippisch. Beim Hämmern traf er seine Finger und rief vor Schmerzen laut: "Djävlar Anamma", auf gut Deutsch: "Hol's der Teufel".

Foto: Neue Westfälische


Foto: Neue Westfälische


Text und Foto: Raikumar Mukherjee
Mit freundlicher Genehmigung der Neuen Westfälischen


Das WESTFALEN-BLATT schrieb am 14. April 2009 über die Veranstaltung anlässlich 80 Jahre Segelflugverein in Bielefeld:

Tollkühner Hüpfer begeistert Flugfans

Senne (WB). "Anziehen, Laufen" schallt es über den Segelflugplatz. Und prompt setzt sich ein Dutzend Männer in Trab, im Schlepptau ein hölzernes Flugzeug auf einer Kufe. Der geflügelte Oldtimer hebt ab, gleitet einige Meter durch die Luft und landet.

Luftfahrtgeschichte hat der Segelflugverein Bielev "Hol's der Teufel" heißt die tollkühne Maschine, die mit Hilfe des Gummiseiles in die Luft geflitscht wurde. Besitzer Jirí Leník kam eigens aus Tschechien angereist, um sein Schätzchen in Bielefeld zu zeigen. Stolz zeigte er auf die schwedischen Wörter, die den Holzrumpf zieren: "Djäviar Anamma". "Das ist der original Schriftzug" erklärte er den ungewöhnlichen Namen des Gleiters. Lenik: "Große Teile des Flugzeugs werden genagelt. Die Schweden, die in dem Unternehmen arbeiteten fluchten jedes Mal, wenn sie die Finger statt der Nägel trafen."

Die Deutschen übersetzten den schwedischen Fluch mit "Hol's der Teufel". In ganz Europa ist Lenik mit dem Flugzeug unterwegs. Das Zusammenbauen der neun Teile nimmt stets viel mehr Zeit in Anspruch als der Flugspaß selbst. Hans Kohlmann, Vorsitzender des Segelflugvereins, freute sich über das Kaiserwetter, das Freunde des Segelflugsportes aus ganz Deutschland und darüber hinaus nach Bielefeld lockte.

In der Halle standen historische Modelle wie die Weihe 50, die vor 80 Jahren ihren ersten Flug in Bielefeld absolvierte. Daneben das Grunau Baby und die K 7, die von Volker Skrzypek restauriert wurde und bald zum beweglichen Denkmal erklärt werden soll. Die Segelflugmodelle aus den 30-er bis 50-er Jahren sind zum Teil aus Holz und formschön - Oldtimer eben. »Das ist etwas ganz anderes. Das ist wie bei Automobilen", erklärte Kohlmann, der eines von 80 Mitglieder im Segeflugverein ist und seit 30 Jahren dazu gehört. Der Nachwuchs interessiere sich für die moderne Segelfliegerei, bei der der Flugspaß bei passenden Wetter schon mehrere Stunden dauern könne. "Wir haben zur Zeit drei Flugschüler", sagte Kohlmann. Mit 14 Jahren kann der Nachwuchs die Ausbildung beginnen; der Flugschein kann mit 17 Jahren erlangt werden.

In der Flughalle wurde am Samstag und Sonntag umfassend über die Geschichte der Segelfliegerei und des Bielefelder Vereins berichtet. Auf großen Schautafeln gab es vor auch für Laien viel Wissenswertes über den Segelflugsport zu erfahren. Größte Besuchermagneten waren natürlich die historischen Flugzeuge, die auch Mitglieder des Vintage Glider Clubs (VGC), ein Oldtimerclub für Segelflugzeuge, nach Bielefeld lockten.

Die Besucher wurden mit einer kleinen Sensation für ihr Kommen belohnt: Eine original "Hol's der Teufel", Baujahr 1937, wurde erstmals auf dem Bielefelder Segelflugplatz aufgebaut. Das Exemplar stammt aus der deutschen Flugzeugfabrik Schleicher, die nur acht dieser Modelle baute. Heinz-Bernd Kaspari hatte das Flugzeug in Namibia in einer Scheune aufgespürt. Dort war es, so die Vermutung des Dortmunders, vor den Engländern versteckt worden. Flugtauglich ist es noch lange nicht. Im hölzernen Rumpf klafft ein Loch, auch die bespannten Tragflächen weisen Risse auf. Kaspari, der die alte Maschine in seiner Doppelgarage wieder auf Vordermann bringen will, wird beim Restaurieren sicher manches Mal fluchen - und so den Namen seines Flugzeugs bekräftigen.

[..]

Von Kerstin Sewöster (Text) und Hans-Werner Büscher (Fotos)
Mit freundlicher Genehmigung des WESTFALEN-BLATTs


"Hol's der Teufel" aus Namibia

Etwas ganz besonderes spielte sich fast nebenbei ab. Eine originaler "Hol's der Teufel", Baujahr 1937, wurde von Heinz-Bernd Kaspari auf dem Bielefelder Segelflugplatz aufgebaut. Das Flugzeug wurde von ihm in Namibia in einer Scheune aufgespürt. Das Exemplar stammt wahrscheinlich aus der ersten Produktion von Alexander Schleicher.

Damit sind mindestens 3 dieser Gleitflugzeuge bekannt: die OK-A415, der Gleiter im Museum der Wasserkuppe und dieser aus Namibia stammende Gleiter.

Foto: Jirí Leník


Foto: Jirí Leník